Lästerei beim Heilungsgottesdienst

iuP1H8P496Gestern Mittag hat mich Kat gefragt, ob ich mit komme zu einer Veranstaltung von den Paradiesvögeln. Ich war schon länger nicht mehr da, hab sie in guter Erinnerung und hatte eh nichts Besseres vor, also hab ich zugesagt.

Es war schon ein bisschen nostalgisch, hinzugehen. Beim OBI zu parken, den kurzen Weg zu gehen. Und im ernst, ich mag diese Gemeinde, auch wenn ich mir nicht vorstellen könnte, dort Mitglied zu sein. Und ich war überrascht: Ich dachte nämlich nicht, dass ich noch anbeten kann. Ich meine, mich wirklich ein wenig „fallen lassen“ (übertragen gemeint) und in diese Haltung zu kommen, in die man manchmal in ausgedehnten Lobpreiszeiten kommt. Aber ja, es ging noch. Oder wieder? Und es hat wirklich gut getan. DANKE, GOTT! Merkst: Die Anbetungszeit war richtig gut. Richtige „Dosis“ für mich, nicht zu abgedreht, aber trotzdem abgedreht genug, dass man sich nicht schämen muss. Und ich habe gemerkt, dass sich da etwas in mir entspannt, was schon viel zu lange angespannt war. Nicht umsonst sagt man ja, Anbetung ist gesund. Hab ich schon öfter gehört.

Aber dann kam der Preacher nach vorne. Ich weiß nicht mehr genau, wie er hieß, aber sein Name klang ein bisschen wie „Hut auf!“ Und… meine Güte, ich hab ungelogen als erstes gedacht, was haben sie dem denn gegeben? So ADHHHHS! Mit Betonung auf das H. H steht übrigens für hyperaktiv. Und das erste, was er erzählt hat war die „Real-life-Geschichte“ einer Frau im Zug, die er beobachtet hat (oder jemand anderes, der es ihm erzählt hat, so genau weiß ich es nicht mehr), die, während sie geschlafen hat, von ihrem Sitznachbarn durch heftiges Niesen angerotzt wurde. Er hat total darüber gelacht und  die Menge aufgeheizt, dass sie mit gelacht haben. Ich dachte nur, hey, das ist jetzt nicht dein Ernst?! Und dann, dass diese Frau dann, als sie aufgewacht war, den Popel gegessen hatte. Kat wurde schlecht und ich wäre am liebsten im Boden versunken, so hab ich mich fremd geschämt. Im ernst, ich hab ja wirklich nichts gegen Witze und schräge Geschichten, aber irgendwo ist Schluss.

Naja, während der Predigt hat er einiges Gutes gesagt. Dass es völlig an der guten Nachricht vorbei geht, dass mit der Hölle gedroht wird. Dass Jesus niemals jemanden für Fehler den Kopf angerissen hat. Dass wir nicht in eine solche schwarze Pädagogik zurück fallen sollen, sondern von der Liebe Gottes reden sollen. Dass wir uns die Liebe Gottes nicht verdienen können, sondern dass er uns einfach liebt, einfach so! Ich dachte, hey, der Typ punktet grade bei mir. Kaum zu glauben, aber der punktet. Das war auch das, was ich mir von der Predigt mitgenommen habe. Also, dass auch in scheinbaren Fundi-Gemeinden solche guten Gedanken kommen können. Zumindest zwischendurch mal. OK, in den nächsten Sätzen hat er dann gesagt „Wie kann man dann den Mund halten und nicht allen Leuten davon erzählen?“ so, dass man denkt, es stimmt was nicht mit mir, weil ich eben kein evangelistischer Typ bin. Ich dachte dann so: „Hör sofort auf, mir deswegen ein schlechtes Gewissen zu machen!“ Also wieder Punkte verloren. Davon abgesehen hat er damit seine gute Botschaft wieder komplett abgeschwächt, denn scheinbar glaubt er doch, er müsste was tun, nämlich glauben und erzählen. Und damit noch nicht genug, er hat seine Bekehrungsgeschichte erzählt, ich erspar dir die Details, aber in der Quintessenz war es, dass er vorher der Bad Boy war und schlechte Noten hatte und dann eine übernatürliche Heilung von Jesus erlebt hat und dann war er wie verwandelt, der Nice Guy, hat nicht mehr gefeiert, sondern angefangen, Leuten auf der Straße von Jesus zu erzählen („Ich hab mir vorgenommen, Donnerstags nicht mehr Fußball zu gucken, sondern auf die Straße zu gehen und von Jesus zu erzählen, das soll mein neues Hobby sein!“) und hat auch plötzlich gute Noten geschrieben, ohne sich anzustrengen. (Das mit den Noten kann ich mir tatsächlich gut vorstellen, denn wenn der Druck weg ist und man sich angenommen und geliebt weiß, was wohl vorher nicht so stark da war, kann man sich natürlich besser konzentrieren, ergo schreibt man bessere Noten.) Aber so zwischen den Zeilen kam schon rüber, dass er sich jetzt für jemanden hält, auf den Gott stolz sein kann. Auch wenn er immer noch mit dem Image des Bad Boy spielt. (Meinte so: „Ich bin nicht der Wolf im Schafspelz, aber das Schaf im Wolfspelz“) Seine Lebensgeschichte könnte man in seinem Buch nachlesen, das er zum Verkaufen mitgebracht hat. 13,50€. Und wenn man kein Geld mit hat, ginge es auch über den Online-Shop. Das zweite Kapitel wäre sein Lieblingskapitel. Warum denke ich an Rufus aus Deponia? OK, ich gebe zu, ich bin gemein grade. Aber ganz ehrlich, so wie Hut-auf während der Predigt über andere Leute gerotzt hat, die Geschichte mit der Frau im Zug war nicht die Einzige von der Sorte, da muss er sich meiner Meinung nach nicht wundern, wenn mal ne Retourkutsche kommt. Und immer wieder Geschichten, wo Leute durch ihn übernatürlich geheilt wurden. Leute, die vorher über ihn gelacht und gespottet haben.

OK, wenn es eine oder zwei solcher Geschichten waren, würde ich ihm noch geglaubt haben. Klar, Gott kann übernatürlich heilen (Hut-auf selbst allerdings nicht, bitte schön!) und er tut es ab und zu auch. Aber es kamen immer mehr und mehr von diesen Geschichten und eine higher als die andere. Es hätte mich nicht gewundert, wenn er gesagt hätte, dass eine Email von ihm Krebs heilen könnte. Naja, eine solcher Geschichten nach der anderen, und dann kam es, wie es kommen musste: Die, die irgend ein körperliches Leiden hatten, sollten aufstehen und einer der Sitznachbarn sollte für die Person beten: „Rückenschmerzen, ich befehle dir, zu verschwinden!“ oder „Gebrochenes Bein, werde sofort wieder heil, in Jesu Namen!“ Die Kranken sollten erst etwas machen, was ihnen weh tut und direkt nach dem Gebet dieselbe Bewegung noch mal, damit sie den Unterschied merken. Denkst du dasselbe wie ich? Schön für die, bei denen etwas passiert, ich freue mich für euch, wirklich. (Vorausgesetzt, es ist wirklich wieder gesund und nicht nur wegen der aufgeputschten Stimmung grade etwas schmerzfrei…) Aber was ist mit denen, bei denen es NICHT funktioniert? Direkt vor mir saß eine Frau, die scheinbar Schmerzen hatte. Für sie wurde gebetet. Dann hat sie diesen Test gemacht und enttäuscht mit dem Kopf geschüttelt. Ein neues Gebet. Dasselbe Ergebnis. Keine Besserung. Dabei hat Hut-auf doch so eine Hoffnung gemacht. Auch nach der Gebetszeit war es scheinbar nicht besser. Ihr Partner neben ihr hat sie getröstet, sie schien wirklich enttäuscht. Ich hatte so gedacht, vielleicht ist sie grade deswegen gekommen, weil sie auf Heilung gehofft hat, denn alterstechnisch hat sie nicht so hinein gepasst. Und dann diese Enttäuschung. Das ist mir wirklich nachgegangen, ich wollte ihr gerne sagen, dass sie nicht Schuld daran ist, dass sie nichts falsch gemacht hat. Aber wie konnte ich das? Es war laut, wurde wieder gesungen. Und ich kannte sie nicht. Ich habe dann gehofft, sie später noch sprechen zu können, nach dem Gottesdienst. So bei einem Stück Kuchen oder so… . Dann hätte ich sie sicher mal kurz zur Seite nehmen können. Aber dazu kam es nicht. Sie ist ziemlich bald, noch vor Ende, gegangen.

Wir übrigens auch, es gab ein offenes Ende, und trotzdem haben wir bald 3 Stunden mitbekommen. Ein bisschen hat mir die Lobpreisband auch leid getan, muss super-anstrengend sein. Ich konnte mich dann auch nicht mehr fallen lassen, die Leute, die nicht geheilt wurden haben mir einfach so leid getan, weil sie eigentlich gar nicht aufgefangen wurden. Hut-auf hat nur gesagt, vielleicht kommt die Heilung nach, aber das ist ein ziemlich schwacher Trost, finde ich, nicht mehr als ein Vertrösten und ein „Lass mich mit euren Problemen in Ruhe, es zählen nur die Siege!“. Übrigens wie bei mir, ich bin nicht aufgestanden, obwohl ich etwas Probleme hatte, ich dachte mir, wenn Gott mich heilen will, dann braucht er dieses Theater dafür nicht. Hab ihm das gesagt, also Gott meine ich, und bin sitzen geblieben. Aber heute morgen geht’s mir besser und die Nacht habe ich auch besser geschlafen als die letzten Tage und Wochen. Danke dafür, Gott. Und bitte nimm diejenigen, die nicht geheilt wurden, mal ganz dick in den Arm, ich glaube, das brauchen sie grade mal.

11 Gedanken zu “Lästerei beim Heilungsgottesdienst

  1. Kira schreibt:

    Meine Fresse, „Hut-auf“ hat ja echt den Vogel abgeschossen… die Story mit der Frau im Zug – einfach nur bäh. Wurde mir schon beim Lesen schlecht.
    Seine persönliche Bekehrungsgeschichte scheint ein Klassiker zu sein. In groben Zügen ist es die Story, die mir immer wieder begegnet ist, vor allem in meiner charismatischen Zeit. Altes Leben – check. Wie auch immer geartete Gottesbegegnung – check. Sofortige Verwandlung – check. Und das Fazit war dann wirklich immer das Gleiche: Schluss mit Party und raus auf die Straße und den Leuten von Jesus erzählen, egal ob sie es hören wollen oder nicht.
    Ich freue mich für jeden, der erfahren konnte, wie die Begegnung mit Jesus ihn verändert hat. Aber solche Erfahrungen sind etwas Persönliches und in ihrer Art und Weise und in dem, was sie auslösen, genauso individuell wie die/derjenige, der sie macht. Was ich persönlich glaube: Jesus verändert Menschen. Kann man in der Bibel lesen, erlebt man heute immer noch. Aber daraus den Anspruch abzuleiten im Sinne von: „Wie kann man dann den Mund halten und nicht allen Leuten davon erzählen?“ ist meiner Meinung nach nicht zielführend. Wem es gegeben ist, Leuten Jesus mit Worten lebendig, nah, greifbar zu machen, so dass sich einige sagen, hey, krass, das hab ich so noch gar nicht gesehen, da ist was dran, usw., der hat das auf dem Herzen, der brennt dafür, der kann gar nicht anders. Aber Worte und Predigten sind ein Weg unter vielen. Jeder sollte für sich selbst schauen, was in ihm ist, was wirklich seine individuelle Art und Weise ist, seine Begegnung mit Jesus in seinem Leben für sich selbst und andere sichtbar werden zu lassen. Jesus, nicht sich selbst. Das, was Du beschreibst, ist leider oft so typisch – „Hut-auf“ glaubt, von Jesus zu reden, sagt tatsächlich ein paar gute und wahre Sachen, basierend auf dem, was er erlebt hat – und predigt dann sich selbst. ER hat etwas erfahren, wovon er erzählen muss: alle anderen müssen das auch! ER wurde geheilt: alle anderen werden das auch! Und gerade an dem Punkt mit der Heilung wird’s tricky: Leute wurden durch IHN geheilt?! Ähm..?! Obacht geben, länger leben, riecht verdächtig nach ’ner ausgewachsenen Profilneurose. Und die Scherben, die daraus entstehen, muss jemand anderes wieder aufkehren. Die Frau tut mir wirklich leid. Und es macht mich verdammt wütend, wenn solche Sachen passieren. Ich hoffe und bete mit Dir, dass Gott sie in den Arm nimmt, wirklich und ganz fest. Sie und all die anderen.
    lg

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    • bithya85 schreibt:

      Preach it, sista, genau meine Meinung. Kam mir echt vor wie jemand mit einem ausgewachsenen Messiaskomplex. Dabei merken so Leute gar nicht, wie austauschbar sie sind. Es war ja nicht der erste, den ich erlebt habe. (Aber der erste, bei dem ich schon während des Gottesdienstes skeptisch war, bei den anderen war ich noch so high, dass ich keine Skepsis zugelassen habe.) Und im ernst, teilweise bis in den Wortlaut alle gleich. Traurig 😦

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      • Kira schreibt:

        Wie denkst Du denn persönlich allgemein über das Thema Heilung? Ich bin da echt zwiegespalten. Von diesen sogenannten Heilungsgottesdiensten halte ich gar nichts, da ist soviel heiße Luft, das hat meiner Meinung nach mehr mit Suggestion zu tun… Und dass immer wieder mal einer durch’s Netz fällt, wie diese Frau mit ihrer Enttäuschung, das geht für mich gar nicht. Da wird eine Hoffnung geschürt, die so nicht selbstverständlich erfüllt werden kann. Außerdem degradiert es Gott zu einem Wunscherfüllungsautomaten, in den man nur das richtige Gebet mit der richtigen Einstellung einwerfen muss, und unten kommt dann Heilung raus. Über die Abgründe solch einer verqueren Haltung könnte ich Bücher schreiben, über den Rattenschwanz an Leid, den das nach sich zieht…
        Andererseits bin ich nicht sicher, ob nicht vereinzelt doch was dran ist, wenn man jemandem die Hände auflegt und um Heilung bittet (nicht befiehlt)…ich meine, ich hab auch Erfahrungen gemacht (jenseits von Rampenlicht und Öffentlichkeit), dass Leute das getan haben und tatsächlich Heilung eingetreten ist. Gott braucht diese Menschen nicht, um etwas zu tun… aber hin und wieder hat er sie ja doch quasi verwendet dafür. Eventuell. Ich weiß es nicht wirklich.
        Meine Erfahrungen sind subjektiv, und außerdem – Ich komme von den Charismaten, bei denen gehörte das quasi zur Grundausstattung 😁 Spielt sicher auch eine Rolle.

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      • bithya85 schreibt:

        Ich seh das ähnlich, aber bin eigentlich nicht komplett gegen Heilungsgottesdienste. Ist halt nur voll schwer, die vernünftig aufzuziehen. Demütiger. Sanfter. Denn bei einigen passiert heilungstechnisch ja wirklich was. Und für die ist es gut. Aber dann müsste man eine Möglichkeit finden, die Leute aufzufangen, die nicht geheilt werden. Es nicht als etwas Selbstverständliches oder unser Recht verkaufen, von Gott geheilt zu werden. Vielleicht so ähnlich wie „Hey, ich bin überzeugt, dass Gott euch unendlich liebt. Das zeigt er auf ganz unterschiedliche Weise, manchmal auch durch Heilung. Lasst uns doch mal schauen, ob Gott heute dieses Wunder tun möchte…“ Und hinterher: „Es ist ein Geschenk. Unverdient. Falls du nicht geheilt wurdest, ist es nicht deine Schuld. Dann hat Gott grade etwas Anderes für dich.“ Oder so ähnlich. Vielleicht wäre auch ein kleinerer Rahmen gut, wo man sich hinterher austauschen kann, dann können auch die zu Wort kommen, die nicht geheilt wurden oder sich unsicher sind oder ängstlich.

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      • Kira schreibt:

        „Hey, ich bin überzeugt, dass Gott euch unendlich liebt. Das zeigt er auf ganz unterschiedliche Weise, manchmal auch durch Heilung.“
        Das gefällt mir. Schöner Ansatz um grundsätzlich an das Thema ran zu gehen.

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  2. rausausderaffenfalle schreibt:

    Das Thema Heilung ist eines, an dem ich fortwährend rumkaue. So wie ich die Evangelien und die Apostelgeshichte verstehe, dürften Heilung und Befreiung, Zeichen und Wunder gerne öfter vorkommen in unserer Kirchen und Gemeindelandschaft. Ich wünsche mir das sehr. Heilungsgurus wecken in mir oft ein ähnliches Gefühl, wie du es in deinem Beitrag beschreibst. Zu viel Show, zu viel Egozentrik, zu viel Getue um eine Person oder Bewegung. Und das was du beschreibst, was mit den „Zurückbleibenden“ passiert, ist haarsträubend. Die Frau wurde ignoriert. Und ich kenne viele Geschichten, in denen eine nicht geschehene Helung erklärt wird mit „zu wenig Glauben“, „falsche Gebetsmethode“, „erst noch vergeben – sonst Heilung blockiert“ usw. Das ist alles nicht befriedigend und hinterlässt ein schales Gefühl. Ich habe selber Heilung erlebt, als ich für mich beten ließ. Schlagartig. Und dann habe ich viele male für mich beten lassen und blieb krank – oder manchmal besserte sich auch etwas langsam und ich konnte es auf ein Gebet zurückführen (oder mehrere) die vor einer Weile gesprochen wurden. Ich habe auch schon für andere gebetet, und ein paar mal wurde jemand gesund – und oft eben auch nicht Es bleibt ein Geheimnis und unverfügbar. – Ich wünsche mir aber auch mehr Mut – dass mehr gebetet und gewagt wird. Oft (das kenne ich auch von mir selbst) ziehen wir den Kopf ein, aus Angst, dass es ja „nicht passieren“ könnte – und was machen wir dann damit? (eine gute Frage – und ich finde es toll, welche Lösungsansätze hier in den Kommentaren erörtert werden) Ich glaube, insgesamt finde ich, dass Heilungsgebet von allen praktiziert werden sollte – vor allem in Freundschaften, Hauskreisen o.ä., manchmal auch in Gottesdiensten mit viel Schutz der einzelnen Personen. Würde da gerne noch weiter denken, wie man damit umgeht, wenn Krankheit bleibt. Die Enttäuschung wäre ja immer immens, oder? Auch wenn jemand sagt: Gott hat gerade was anderes für dich. Da kommen dann ja auch eine Menge Fragen auf… Danke für den Artikel!

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    • bithya85 schreibt:

      Hallo du 🙂 Schön dass du dabei bist. Manoman, solche Sprüche und Schuldzuweisungen sind jedes mal wieder brutal. Die dem Kranken die Schuld dafür geben, dass er nicht geheilt wird. Ich glaube, in charismatischen Kreisen, in denen um Heilung gebetet wird, ist man wohl echt überfordert damit, wenn es nicht „funktioniert“. Ja, es bleibt ein Geheimnis, warum manche geheilt werden und andere nicht. Deswegen finde ich, dass wir mehr brauchen als nur Mut und Glauben. Wir brauchen einen geschützten Rahmen und die Skills, mit Heilungen umzugehen und auch damit, wenn Heilung ausbleibt. Es ist unglaublich faszinierend, wenn Übernatürliches passiert, und ich glaube auf jeden Fall, dass Gott prinzipiell in der Lage dazu ist. Ich meine, ich hab ja auch schon Heilungen erlebt und eigentlich trenne ich gar nicht so stark zwischen natürlich und übernatürlich. Aber vielleicht führt gerade diese Faszination dazu, dass wir schnell auf einer Seite vom Pferd fallen?

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    • Kira schreibt:

      Ich habe beide Extreme erlebt: zum einen, dass der Mut fehlte, wie Du sagst, die Bereitschaft, um Heilung zu beten, überhaupt daran zu glauben. Das wurde dann oft theologisch damit begründet, dass Heilungswunder, wie sie in der Bibel beschrieben werden, eben nicht mehr auf unsere heutige Zeit übertragen werden können, dass sie, vereinfacht gesagt, etwas seien, das eben konkret in die Zeit gehörte, als Jesus noch unmittelbar auf Erden wirkte. Hintergrund für diese Überzeugung ist wohl die Erfahrung, dass Heilung etwas ist, was heute ja doch eher selten passiert. Daraus hat man dann geschlussfolgert, dass es nicht sinnvoll und nicht gottgewollt ist, sich danach auszustrecken.
      Zum anderen: die (häufig charismatisch geprägte) Glaubenshaltung, dass Heilung eine grundlegende Verheißung Gottes ist, die man mit einer gewissen Selbstverständlichkeit ins Glaubensleben integrieren soll. Sprich – ein jeder solle den Mut haben, aktiv darum zu beten und auch daran zu glauben, dass dieses Gebet etwas bewirken kann. Und wenn dabei keine Heilung eintritt, muss es eben am mangelnden Glauben, usw. liegen, also die klassischen Schuldzuweisungen, mit denen dann immer argumentiert wird.
      Ich finde mich in beiden Positionen nicht mehr wieder. Kaue wie Du daran seit längerem daran herum. Obwohl mir jede Menge Mut und Glauben dafür fehlen (ich habe das in meiner charismatischen Zeit nie für mich annehmen können, es war mir einfach zu fernab jeglicher Realität) habe ich des Öfteren für Heilung gebetet und jedes Mal erlebt, das sie geschieht. Der Rahmen war aber immer sehr klein – nur ich und die Person, der ich die Hände aufgelegt habe. Und die Tatsache, dass das in der Regel Atheisten waren, hat es für mich leichter gemacht, sie hatten da keine Erwartungshaltung, sind da ganz unverkrampft mit einer „warum nicht“ – Einstellung ran gegangen…
      „Es bleibt ein Geheimnis und unverfügbar.“
      Das kann ich unterschreiben. Und auf der Grundlage sollte man aufbauen. Wenn klar ist, wie man diejenigen auffangen kann, deren Erwartung enttäuscht wird, wenn man eben genau das vermitteln kann, dass Heilung EIN Aspekt von Gottes Liebe ist, und was man demjenigen an Trost und Stärkung mitgeben kann, der sie nicht erfährt…dann kann man auch mit mehr Mut an die Sache ran gehen…
      lg

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      • rausausderaffenfalle schreibt:

        Das ist spannend, Kira, dass du für Atheisten gebetet und Heilung erlebt hast. Das hört man ja immer mal wieder, dass Heilungsgebete für Menschen, die Jesus nicht so kennen, oft (ja jetzt ringe ich nach Worten – funktionieren – Erfolg haben usw – das hört sich alles schrecklich an! ich entscheide mich für: ) Wunder wirken. Als ich selber Heilung erfuhr, war ich Christ. Und ich bin sehr dankbar dafür. Es hat meinen weiteren Weg entscheidend mitgeprägt. In den letzten 2 Jahren habe ich viel für eine Frau gebetet, die aus tiefstem Satanismus kommt – manchmal alleine, manchmal zusammen mit zwei Freundinnen. Meine Güte – was haben wir da für Gebetserhörungen gehabt. Teilweise ganz krasse Heilungen (wo der Körper sich nachher veränderte – sichtbar), teilweise innere – also unsichtbar. Und manchmal auch keine. Aber insgesamt sehr dolle Heilungen. Seitdem denke ich da auch drüber nach, warum das so ist. Diese Frau hatte es bitter nötig. Auch dass Jesus ihr zegt, dass es ihn gibt und er sich um sie kümmert. Und Heilungen sind möglicherweise ja auch dazu da, dass Menschen Jesus erkennen. Trotzdem finde ich es auch seltsam, denn es gibt so viele Jesusanhänger, die sich Heilung so sehnlich wünschen und es auch so nötig hätten. Und es passiert ja auch. Aber irgendwie seltener? In der Bibel finde ich diese Unterteilung aber nicht. Von daher ist da für mich noch nichts befriedigend abgeschlossen. Ich finde es super, sich darüber auszutauschen. Danke euch! 🙂

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  3. Strandläufer schreibt:

    Erlebnisse zum Thema Heilung haben mich für eine lange Zeit echt Gemeinde-traumatisiert und ich kann nicht mal sagen, ob ich wirklich schon ganz frei davon bin, weil ich keine Gemeinde mehr gehe. Dabei ging es nicht um mich, sondern was ich in meinem „geistlichen“ Umfeld erlebt habe. Ich schließe mich euren Gedanken an und kann es mir deshalb ersparen meine Position darzulegen, aber ein Erlebnis möchte ich mit euch teilen, das mich sehr beeindruckt, noch immer.

    Eine Freundin von mir hat ziemlich aggressiven Brustkrebs, Mutter von Kindern, Ehefrau, eine herzensgütige Person. Sie sagte zu mir, als wir es über Gott oder Glauben hatten:

    „Ich habe mir zu keinem Zeitpunkt die Frage gestellt: ‚Wieso ich?‘, ich dachte sofort: „Wieso ich nicht?“

    Sie ist keine übernatürliche Heldin, sie leidet, hadert, ist verzweifelt und kämpft wie jeder andere Mensch, aber diese Haltung, das hat mir Respekt abgenötigt. Ich weiß nicht wie ich in so einer Situation reagieren würde.

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    • bithya85 schreibt:

      Wow, das ist echt stark! Theoretisch sowas zu sagen, wie, dass es jedem passieren kann und dass niemand von Leid verschont bleibt ist eine Sache, aber wenn man wirklich in dieser Situation ist…. boah! Ich wünsch deiner Freundin echt alles Gute und viel Kraft. Und ihrer Familie auch. ❤

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