Bithyas persönliche Therapiestunde

Ich merke etwas, von dem ich nicht weiß, ob es mir gefällt.

Vielleicht weißt du, dass es mir grundsätzlich auf der Arbeit gefällt. Ich mag die Einrichtung, ich hab liebe Kollegen und mit den Kindern komme ich auch gut klar. Im Großen und Ganzen hab ich keinen Grund, mich nicht wohl zu fühlen.

Aber dann hatte ich irgendein Gespräch mit einer bestimmten Person. Ich weiß nicht mal mehr, wie es dazu kam. Wir haben uns nicht getroffen. Vielleicht war es über Zoom. Oder über Messenger. Keine Ahnung. Und ich weiß auch nicht mehr, worüber wir geredet haben. Aber das hat etwas in mir wieder geweckt, von dem ich irgendwie gehofft hatte, dass es für immer schlafen würde. Dass ich es vergessen würde und nie wieder daran denken müsste. Damit ich nicht noch mal so verletzt werden würde, wie damals in Marburg. Ich habe ganz spontan gedacht: „Du hast so einen genialen Job!“ und hab unkontrolliert angefangen, zu träumen. Dass ich doch eigentlich ein Herz für Missbrauchsprävention hab, dass ich mit Betroffenen von geistlichem Missbrauch arbeiten möchte, dass ich in der Aufklärung und Vorsorge mithelfen möchte, dass ich Kirche und Gemeinde einfach viel zu sehr liebe als dass ich das nicht wollen würde, weil mir das Herz bricht, wenn der Glaube einen selbst und andere verletzt und etwas so Kostbares und Heilsames manchmal zu einem System verkommt, was das Gegenteil ist. Grade hier, wo es so viele unterschiedliche Gemeinden gibt, die teilweise auf die eine oder andere Art fundamentalistisch sind und wo ich auch viele Menschen persönlich kenne, die entweder noch in einem missbräuchlichen System drin sind oder die ausgestiegen sind und versuchen, klar zu kommen. Ich hab ja auch meine Geschichte.

Und dazu kam, dass ich ganz ehrlich eine Scheiß-Woche auf der Arbeit hatte. Ich merke schon, dass ich immer unsicherer werde, vielleicht liegt es an Corona? Auf jeden Fall kann ich mir diese Unsicherheit auf der Arbeit nicht leisten, aber sie tritt krass hervor, besonders weil ich eigentlich weiß, dass diese Arbeit für mich eben… ok ist. Diese Unsicherheit zeigt sich zum Beispiel daran, dass ich bisher einiges von dem, was ich eigentlich mit Leichtigkeit hätte schaffen müssen, einfach nicht schaffe. Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee wäre, hier ins Detail zu gehen, aber ich hatte jetzt einige echt unangenehme Gespräche mit der Leitung. (Wobei ich nicht bei allen Gesprächen konkret als Einzelne angesprochen wurde, aber ich beziehe auch die, die nicht konkret auf mich gingen, automatisch auf mich.)

Und jetzt denk ich so einerseits, es war eigentlich immer abzusehen, dass ich diesen Job verlieren würde, weil ich eigentlich überall gehen muss (obwohl das gar nicht stimmt) und dann versuche ich mir in Erinnerung zu rufen, dass es nie ein Weltuntergang war, aufzuhören (was ja auch stimmt) und andererseits denke ich, dass ich eigentlich so gerne was anderes machen möchte, aber mich nicht bereit dazu fühle, weil ich nicht weiß, ob ich meine Trigger ausreichend unter Kontrolle hab und außerdem hab ich beispielsweise nicht mal eine traumatherapeutische Fortbildung oder Ähnliches, könnte ich es überhaupt? und außerdem denke ich, dass ich doch nicht nur wegen einer blöden Woche gleich aufgeben sollte, was ja auch stimmt. Crazy.

Aber während ich hier geschrieben habe ist mir eingefallen, dass ich im Moment gar nicht ehrenamtlich mitarbeite. Also jedenfalls nicht wirklich. Projektbezogen vielleicht, aber nicht regelmäßig. Warum eigentlich nicht? Würde es vielleicht schon helfen, wenn ich bei etwas Bestehendem erst mal versuche, ein bisschen mitzumachen, anstatt direkt etwas Neues zu starten? Und dann mal gucken, was daraus wird? Vielleicht würde das auch dagegen helfen, dass ich so unsicher bin im Moment und mich so klein und schwach und hilflos fühle. Gar nicht wie eine erwachsene Frau. Vielleicht würde das ja auch mein Selbstwert wieder etwas aufbauen. Und ich könnte vielleicht erst mal „so tun als ob“ ich so einen tollen Job hätte. Was dann in einigen Jahren ist, mal schauen. Das weiß ich ja heute noch nicht.

Ich hab wieder etwas Hoffnung. Schreiben hilft ja tatsächlich. Ich wusste, dass ich es vermisse, zu schreiben. Und ich dachte mir schon, dass es helfen würde. Bin wohl nur etwas eingerostet und schreibe grade vielleicht etwas… unklar. Egal. Vielleicht möchte es trotzdem jemand lesen und vielleicht versteht es trotzdem jemand. Und ganz vielleicht hilft es auch jemandem.

Kleiner Nachtrag: Wie immer, das hier ist eine Momentaufnahme, nichts ist in Stein gemeißelt 😉

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