Wenn Bilder meine Sprache wären

iuMein Problem mit der Bibel hat sich noch nicht gelöst. Ich lese selten bis nie. Es spricht mich fast nichts an und wenn, dann nur kurzfristig oder weil ich es mir einrede. Es sind für mich einfach nur Buchstaben und ich habe das Gefühl, wenn ich sie lese, dass ich sie so ernst nehmen muss wie ich es nicht kann und dann fällt es mir leichter, mich von Gott durch einen Fantasy-Roman wie Harry Potter oder die Neschan-Trilogie oder auch die Hütte ansprechen zu lassen als von der Bibel. Um es mit Paulus zu sagen, den ich eigentlich gar nicht mag: „Der Buchstabe tötet.“

Tja. Ich kann nicht sagen, dass mir dieser Status Quo gefällt. Aber was soll ich machen? Ganz ohne Bibel geht es auf Dauer als Christ ja auch nicht. Ich weiß ja, dass das Wichtigste, was ich über Gott wissen kann, ich aus der Bibel entnehmen muss.

Da also normales Lesen bei mir nicht mehr funktioniert muss wohl eine andere Lösung her, hab ich gedacht. Und wie es der „Zufall™“ will, bin ich über Facebook auf ein Workshop gestoßen, hier in der Stadt, der einen anderen, künstlerischen Zugang zur Bibel ausprobiert. Bibel Art Journaling nennt sich das und ich kannte es gar nicht. Aber bevor die Bibel bei mir nur verstaubt, dachte ich, probiere ich es mal.

Zugegeben, es war schon eine ziemliche Überwindung, Bibelseiten anzumalen, über den Text drüber. Vor einigen Jahren hätte ich es noch als Sakrileg empfunden und auch jetzt war es noch seltsam. Und nicht nur das, meine erste kreative Aktion ist derart nach hinten los gegangen, dass ich beinahe meine komplette Bibel aufgeweicht hätte, mindestens aber die Seite völlig zerstört habe, dachte ich. Wir haben die Jahreslosung als Grundlage genommen und dann die entsprechende Seite in unseren Bibeln gestaltet.

„Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst“ (aus Offenbarung 21)

Und weil das Bild von Wasser so prägnant war und auch im Kontext viel mit Wasser und einem Fluss und so weiter beschrieben war, wollte ich quer über die Seite einen Fluss gestalten und damit es möglichst natürlich aussieht, wollte ich von links oben ein wenig wässrige blaue Farbe nach rechts unten fließen lassen und damit die Farbe „in der Spur bleibt“ habe ich ein Klebeband, das beim Ausprobieren nicht sehr stark geklebt hat, quer über die Seiten geklebt, quasi als Flussbett und nachdem die Farbe dann getrocknet ist, wollte ich es wieder abziehen. Und dann hab ich oben die verdünnte Farbe aufgetragen, die dann verlaufen sollte.
Sie IST auch verlaufen. Blöd nur, dass das Bibelpapier ein ganz anders ist als das Druckerpapier, das ich vorher zum Ausprobieren genommen habe! Bithya, Bibelpapier ist DÜNN! Extrem dünn! Und wenn du Klebeband in die Bibel klebst, dann geht es NICHT wieder ab! Doppelt doof, dass es beidseitiges Klebeband war! Und dass die Farbe so wässrig ist, dass sie einen solchen Fluss gebildet hat, dass er die komplette Bibel aufgeweicht hat! Sie war blau, aufgeweicht, wellig, klebrig, hässlich, vermasselt! Und wenn ich umgeblättert hätte, dann hätte das Klebeband so stark geklebt, dass ich diese Seite nie mehr hätte aufschlagen können, ohne sie komplett zu zerreißen. Das musste ich also erst kitten. Bei den Materialien habe ich Tesafilm gefunden, zumindest konnte ich damit die kaputten Seiten zusammen kleben und das klebrige Klebeband abkleben. Aber scheiße sah es trotzdem aus. Wollte schon aufgeben. Dachte „Na toll, das hast du davon, dass du über heilige Texte krockelst. Denkst du etwa, du könntest es besser?!“ Aber im ernst, so wollte ich es auf keinen Fall lassen. Also hab ich eine Flasche ausgeschnitten, die ich in die obere Ecke kleben wollte, dachte, dann fließt das Wasser eben nicht in einem Fluss, sondern aus einer Flasche. Geht ja auch. Mir gegenüber hab ich dann gesehen, wie eine andere Teilnehmerin einen Becher-Stempel hatte. Das war doch eine noch bessere Idee, dann konnte man sogar noch den Text darunter lesen. Ich hab ihn mir geliehen und jetzt fließt das Wasser aus einem Becher. Oder einem Glas, wie man will. Aber so ein kleines Rinnsal, dachte ich, passt nicht wirklich zu Gott. Aus einem kleinen Rinnsal muss doch dann ein Fluss werden, wie beim Schmetterlingseffekt oder der Stelle aus Hesekiel. Also meine nächste wahnwitzige Aktion, eine halbe Seite kamikazemäßig mit derselben wässrigen blauen Farbe überschüttet. Dieses mal mit glatter Absicht. Dachte, es kann ja nur besser werden. Aber dann sah es eigentlich ganz passabel aus, nachdem ich es noch ein wenig „in Form gewischt“ habe. Noch ein paar Wellen rein und das Ufer umrissen, dann sah es echt aus, wie ein Fluss. Ich war echt überrascht, da fließt tatsächlich aus einem Glas ein ganzer Fluss. Dann noch ein wenig Blumenwiese, die von dem Fluss getränkt wird und weil von Bäumen des Lebens die Rede ist, mit deren Früchten die Nationen geheilt werden kommt noch ein solcher Baum dazu, also, ich finde, es sieht nicht schlecht aus.

Ich musste auf dem Heimweg zugeben: Ich war beeindruckt. Von Gott. Denn wie gesagt, ich hab’s verkackt. Und das ist vielleicht das, was ich mir davon mit nehme, noch mehr als die Jahreslosung: Wenn ich etwas schon am Anfang komplett verkacke, kann Gott es immer noch hin bekommen und es kann etwas Tolles werden. Wenn ich nicht aufgebe. Vielleicht war ja auch das mit dem Bild gemeint. Das kleine bisschen Wasser, das aus dem Glas floss, konnte niemals zu einem Fluss werden, der ganze Wiesen begrünt und an dessen Ufer ein Baum des Lebens steht. Jedenfalls nicht auf herkömmliche Weise. Aber Gott hat es irgendwie hin bekommen, ich weiß nicht, wie. Man sieht immer noch die Unfälle, ja, aber die stören eigentlich nicht weiter.

Ich bin schon gespannt auf das nächste mal.

 

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Mein Endergebnis 🙂

21 Gedanken zu “Wenn Bilder meine Sprache wären

  1. ms schreibt:

    Was mehr musst du über Gott wissen als dies: Denn ich hatte mich entschlossen, bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten. (1Kor 2,2)?

    Sagte nicht Jesus: Ihr sucht in den Schriften, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie sind’s, die von mir zeugen; aber ihr wollt nicht zu mir kommen, dass ihr das Leben hättet. (Joh 5,39-40)?

    Mich rettete Gott und vergab mir meine Schuld ohne dass ich zuvor jemals in der Bibel gelesen hätte, oder mir zu dem Zeitpunkt irgendein Prediger, Pastor oder Pfarrer irgendetwas gepredigt hätte, da ich weder zur Kirche noch in eine Gemeinde ging. Was ich aber tat war: Buße. Jesus rief nicht umsonst: Tut Buße und glaubt an das Evangelium!

    Warum ich dir das schreibe? Um dir zu sagen: Lass dich nicht verrückt machen. 🙂

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    • bithya85 schreibt:

      Nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten. Und Auferstandenen, möchte ich hinzu fügen 🙂 Seltsam, diese Bibelstellen, die du aufführst, sind mir in der letzten Woche in anderen Zusammenhängen begegnet.
      Danke. Ich lass mich schon nicht verrückt machen. Aber soweit ich weiß sind sich alle Christen darin einig, dass die Bibel wichtig ist. Und das möchte ich nicht klein machen.
      Aber mal was anderes: Was genau verstehst du unter Buße tun? Würde mich mal interessieren.
      Liebe Grüße!

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      • ms schreibt:

        Die Bibel ist nicht unwichtig, da gebe ich dir Recht. Antworten auf eine bestimmte Frage die ich hatte bekam ich nur in ihr. Buße ist das (Nieder)Beugen vor Gott dem Allmächtigen, und zwar in/ mit deinem tiefsten Inneren. Anders kann ich es dir nicht beschreiben. Buße ist jedenfalls nicht dieses gern verbreitete bereuen und benennen was man getan (Scheidung z. B., gestohlen zu haben, oder was man sonst so im „Beichtstuhl“ bereut und beichtet), nach vorne gehen und sein Leben dann Jesus zu übergeben. Nichts ist ferner von Buße! Das kannst dir alles schenken. Im Grunde ist diese „Buße“ nur wertvoll vor den Menschen.

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    • ms schreibt:

      Nein, jedenfalls nicht im Sinne von Gefühlsduselei. Wenn du dich beugst vor Gott, oder besser gesagt: wenn Gott dich beugt, in dem Moment wirst du es merken. Es ist weniger ein Anerkennen als vielmehr eine Unterwerfung unter ihn. Seine Erhabenheit und Majestät.

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      • Kira schreibt:

        So, wie du es beschreibst, stell ich mir Folgendes vor: Gott ist heilig, im Sinne von – völlig anders als der Mensch, da er nicht begrenzt ist. Und als allmächtiger Schöpfer ist er so überaus groß, erhaben, majestätisch, dass der Mensch nicht mal in Ansätzen sein Wesen mit Denken oder Fühlen erfassen kann. Und wenn ein Mensch das nicht nur für sich in Worte fasst (so wie ich es gerade tue) sondern vielleicht etwas erlebt, das ihm das bewusst macht…sozusagen diesem heiligen Gott ein Stück weit nahe kommt, es bewusst erlebt, das Gott eben wirklich das ist…das macht etwas mit ihm. Das lässt ihn verstummen und sich niederbeugen, weil er gar nicht anders kann. Er unterwirft sich. Im Sinne von – Dein Wille geschehe, unabhängig von dem, was ich denke oder wünsche, DU bist Gott. Unterwerfung gesteht dem, dem man sich unterwirft, zu, alles zu tun, was und wie es ihm beliebt, ohne das der, der sich unterwirft, ihn in Frage stellt. Er nimmt alles an, das Gute wie das Schlechte. Er vertraut sich völlig an, liefert sich praktisch aus. Klingt vielleicht beängstigend, aber im Vertrauen darauf, dass Gott in seiner Weitsicht und Liebe das Beste für den Menschen will, kann so eine Haltung auch eine gewisse Ruhe und Gelassenheit und Frieden bringen…
        Angaben ohne Gewähr 🙂 das sind einfach nur meine persönlichen Gedanken, die mir bei deiner Definition von Buße im Sinne von sich beugen unter Gott in den Sinn kamen.
        lg

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  2. Kira schreibt:

    Ich mag, dass es so zufällig wirkt…als ob jemand versehentlich ein Glas Wasser verschüttet hätte und plötzlich entsteht soviel Leben daraus. Da ist ein ein Baum, da sind Blumen und das ganze Wasser hat plötzlich Form angenommen, und ist trotzdem in Bewegung. So als ob…man denkt, f…(!) verschüttet! und es fließt und findet seinen Weg und es erwachsen Dinge da heraus, die so gar nicht entstanden wären. Das ist ziemlich cool.
    Die Bibel…ach ja 😉 Da kann ich leider nichts zu sagen, was Dir weiterhelfen würde. Hab sie jahrelang gelesen und studiert, von A bis Z, wieder und wieder und wieder – ohne dass es klick gemacht hätte. Kannte mal jemanden, der Teile daraus tanzen konnte, a la Waldorf oder so. Auch ne Möglichkeit…
    Ich bin mir nicht mehr sicher, ob die Bibel wirklich DIE Grundlage ist, um das Wichtigste über Gott zu erfahren. In Ansätzen ja, es schimmert immer wieder mal durch. Aber als Ganzes – schwierig.

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    • bithya85 schreibt:

      Die Bibel tanzen! Das würde ich ja gerne sehen 😀 Naja, so extrovertiert bin ich nicht. Aber dieses Malen könnte wirklich was für mich sein. Mal sehen.
      Danke, das, was du über das Bild gesagt hast war genau das, was ich meinte. LG

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  3. Strandläufer schreibt:

    Dein Bild ist aussagestark und die Entwicklung hast Du gut beschrieben. Ich finde es schade, wenn man das eine gegen das andere aufwiegt. Für den einen ist die Bibel Quelle und Inspiration, weil Gott durch sie spricht, den anderen spricht anderes mehr an. Eine Freundin von mir braucht nur vor die Tür zu gehen, erlebt sie etwas mit Gott. Ich staune manchmal wie sie so oft ungezwungen mit Menschen ins Gespräch oder in Situationen kommt, in denen sie Gott wirken sieht oder hört. Das erlebe ich in diesem Ausmaß nicht, bei ihr ist es ganz offensichtlich, sie liest aber wenig bis gar nicht in der Bibel. Ich habe über Jahre die Bibel nicht mehr angerührt, weil ich negative Erfahrungen gemacht hatte und lese sie jetzt beinahe wieder täglich mit Gewinn. Wenn mir meine Freundin ihre aktuellen Erlebnisse erzählt, fällt mir meist eine Bibelsstelle dazu ein und sie staunt darüber, dass das so drin steht und ich darüber wie Gott sie sichtbar führt im Alltag.

    Was ich schlimm finde ist, wenn man einen Krampf daraus macht oder ein Dogma. Übrigens zu behaupten Jesus muss man erleben, den findet man nicht in der Bibel, ist auch so ein Dogma. Ich erlebe beides. Im Alltag spüre ich sehr oft den heiligen Geist, ich weiß dass das ein Geschenk ist und bilde mir nichts darauf ein, aber wenn ich die Bibel lese, passiert mir das bei einzelnen Stellen genau so.

    Als ich nach Jahren wieder bewusst angefangen habe die Bibel zu lesen, was ein innerer Kampf war, weil ich befürchtete dass mich einzelne Stellen wieder triggern könnten, hatte ich entschieden keine Erwartungen zu haben, sondern sie einfach mal nur zu lesen wie ein Geschichtsbuch, ich weiß, habe ich hier schon mal erzählt, aber es war so eindrücklich und soll auch nur ein Tipp sein, falls es hilft. Ich hatte keine Ansprüche, suchte kein Erkenntnisgewinn, sondern wollte sie einfach nur lesen können, ohne dass sie mich in irgendeiner Weise belastet. Ich habe darüber gebetet und Gott wirklich darum gebetet, dass das klappt. Es hat geklappt und nicht nur das, nicht nur dass ich Gottes Anwesenheit ganz oft spürte, ich erkannte auch einzelne Stellen, die ich zuvor nicht verstanden hatte. Ich war gar nicht darauf aus, sondern es passierte „einfach“. Ich denke bei mir war >Loslassen< ein Schlüssel.

    Wenn ich heute die Bibel lese, ist es anders als früher, aber was geblieben ist, ist manchmal dieser innerer Kampf (nicht Krampf!), gegen die mich plötzlich überkommende Müdigkeit oder Gedanken die mich ablenken, ich spüre schon deutlich, dass das angegriffen ist. Das nehme ich dann als Bestätigung (nicht immer gelingt mir das) und habe dann dieses: "Jetzt erst recht!" und wenn ich es schaffe zu überwinden, dann stelle ich jedes Mal fest, dass es mir etwas zu sagen hat. Das hatte ich früher nicht so oft erlebt. Außerdem ist es ein gutes Gefühl, wenn ich diesen inneren Schweinehund überwinde. 😉

    Ich finde Du machst das sehr gut, indem Du Dir Deinen Weg suchst mit der Bibel. Ich finde es auch richtig nicht gleich aufzugeben, sondern Du malst eben jetzt und ich glaube Du wirst noch öfters davon überrascht auf diesem Weg. Es ist schön, wenn es uns gelingt den Krampf raus zu nehmen. Durch Dich habe ich richtig Lust dazu bekommen, mir auch eine Malbibel zuzulegen. 🙂

    Mir hat ein Buch: "Das Maria-Experiment – Die Kunst, Zeit zu haben", dabei geholfen bewusst Zeit mit Gott zu reservieren, nicht "nur" nebenbei und nicht "nur" Bibel, sondern auch Gebet, hören… Den Titel finde ich etwas irreführend, es geht nämlich um die Schwester von Magda und nicht Maria, die Mutter von Jesus und das auch nur beispielhaft, vielmehr geht es um Gestaltungsbeispiele und inneren/äußeren Widerstände einzelner Persönlichkeitstypen wenn es um die bewusst gewählte Zeit geht. Für andere mag das kontraproduktiv sein, für mich war es zu diesem Zeitpunkt genau richtig, wäre es früher gekommen, hätte ich es vielleicht anders empfunden. So denke ich einfach, jeder hat seinen eigenen Zeitplan und seinen eigenen Weg, der von außen auch nicht bewertet werden sollte. Es gibt zwar Erkennungsmerkmale von Gottes Handeln, aber er geht auch mit jedem indivudell seinen eigenen Weg.

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    • bithya85 schreibt:

      Danke, du schreibst immer so liebe Kommentare 🙂
      Naja, es geht ja nicht darum, dass mich die Bibel triggern würde. Wenn es nur das wäre! Dann hätte ich wenigstens irgend etwas, womit ich arbeiten könnte. Aber es ist nichts. Nur Leere. Diese Leere ist eigentlich schlimmer als Trigger und macht mehr Angst. Hast du schon mal diese Leere gespürt? Wenn ich Bibel lesen will ist es oft, als wenn ich wieder Depressionen hätte.
      Übrigens: Es gibt auch extra für BAJ Malbibeln, die haben einen breiteren Rand und dickere Seiten. Sind nur nicht so ganz billig, ich bleibe für die „Testphase“ mal bei meiner dünnseitigen Bibel, immer noch besser als sie einfach rumliegen zu lassen. Wenn es in einem halben Jahr immer noch etwas für mich ist, kann ich mir die ja immer noch anschaffen.

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      • Strandläufer schreibt:

        Also erst mal Danke für den ersten Satz. Ich komme mir manchmal (vor allem schriftlich) so klugscheißermäßig vor, dabei bin ich selbst oft mittendrin. Schön, wenn es nicht gänzlich so rüber kommt. 😉

        Also das mit der Leere kenne ich ehrlich gesagt, in Zusammenhang mit der Bibel nicht so oder ich erinnere mich nicht, aber sehr wohl an das mit der Depression. Mich hat die Bibel regelrecht angegriffen. Ich konnte sie nicht lesen, ohne dass ich mich beinahe jedes Mal angeklagt fühlte und das führte in die Depression. Wäre es am Anfang meines Glaubenlebens gewesen, dann hätte ich es nachvollziehen können, aber ich hatte das was MS über Buße schrieb und Kira weiter ausführte, bereits lange hinter mir. Ich kenne das sehr gut, Gott hat mein vergangenes Leben wie einen Film vor meinem inneren Auge ablaufen lassen und der Satz: „Wehe mir, ich vergehe..“ wurde real. Ich hatte diesen Herrschaftswechsel ähnlich erfahren wie MS und Kira das beschreiben. Aber das war anders, hier war keine Umkehrmöglichkeit/Buße in Sicht (natürlich eine glatte Lüge), keine Vergebung. Das hatte sicher mit meinen missbräuchlichen Gemeindeerfahrungen zu tun. Keine Sorge, ich kreise nicht um mich, komme gleich zu Dir. Jedenfalls litt ich wie Du auch darunter, die Bibel nicht lesen zu können, ohne dass sie mir negative Empfindungen bescherte.

        Keine Empfindungen oder Leere stufe ich als negativ ein und stelle ich mir keineswegs weniger deprimierend vor. Ich kann mir gut vorstellen, dass das dann noch von so Gefühlen wie: „.. bin ich es nicht wert?..“ begleitet ist. Wenn Du so was hörst, dann weißt Du hoffentlich woher der Wind weht. Schreibe das bewusst so. Angst – in diesem Zusammenhang – ich brauche es nicht weiter auszuführen, ist genau so ein Vorgemache – wie meine Freundin dazu sagt. Ich hoffe Du liest, dass ich Dich hier nicht anklage, sondern mir geht es dabei um etwas völlig anderes. Angst in diesem Fall ist eine glatte Lüge. Ehrfurcht vor Gott bewirkt etwas und führt am Ende in die Freiheit. Wenn Du Angst bekommst, dann ist das definitiv besch.. . Und jetzt suche bitte bloß nicht den Fehler bei Dir, diese innere Nabelschau bringt es hier nämlich auch nicht. Erkenntnis, Offenbarung oder wenn Gott Dir etwas zeigen möchte, wie man das auch nennen mag, kommt und ist dann da. Wir können darum bitten und sollen es auch, aber wir können es nicht produzieren.

        Also einerseits finde ich gut, dass Du nicht so schnell aufgibst, andererseits – wenn eine Methode partout nicht funktionieren will, darf man darüber nachdenken die Strategie zu wechseln. „Dann hätte ich wenigstens irgend etwas, womit ich arbeiten könnte.“ Darauf möchte ich hinaus, vielleicht ist es ja deshalb so, weil genau das nämlich nicht dran ist? Falls Du nämlich eine Aktive bist, die ihre Bestätigung daraus zieht (die wir alle brauchen) dann könnte es sein, dass Dir das ein bisschen im Wege steht, Erfahrungen mit Gottes Gnade zu erleben. Gott sei Dank lässt Gott das nicht dauerhaft zu, allerdings lässt er den Weg der Selbsterkenntnis zu. Wenn wir in einem Prozess drin stecken, checken wir nicht immer gleich worum es geht, oft erst im Rückblick, solche Prozesse sind meist unangenehm und darin fühlen wir uns schwach und angreifbar. Aber das Ziel ist das Gegenteil davon und auch wenn Du es noch nicht glauben kannst, aber Gott kommt mit uns zum Ziel, mit jedem Einzelnen, auch mit Dir. 😉

        Ich werde für Dich beten und ich bin zuversichtlich, dass das nicht so bleiben wird. Ich weiß jetzt nicht inwieweit Dich das betrifft oder eine Möglichkeit für Dich ist, aber mir ist spontan zu Deiner Antwort folgendes eingefallen:

        Es gibt eine Pastorenfrau, deren Zeugnis mir eindrücklich in Erinnerung geblieben ist. Sie ist eigentlich eine Hochsensible, die ihren Rückzug braucht und zwar mehr als gewöhnlich, die Menschen zwar mag, aber von Menschenansammlungen eher überfordert ist. Du kannst Dir vorstellen, dass ihre Bedürfnisse und das was als Pastorenfrau an Erwartungen an sie herangetragen wird (läuft auch nonverbal) sie ziemlich schnell überforderte. Außerdem hatte sie auch noch die Tendenz, sich verantwortlich zu fühlen, es jedem recht machen zu wollen. Ihre Kräfte schwanden. Zu all dem kam noch dazu, dass sie keine Beziehung zu Gott aufbauen konnte. Leere! Dann fasste sie einen Entschluss. Sie sprach mit ihrem Mann darüber und er stärkte ihr den Rücken. Sie verkündete der Gemeinde, dass sie sich für ein Jahr aus jedem Dienst zurückziehen, keine Besuche empfangen und auch sonst nicht zur Verfügung stehen würde. Sie wollte für ein Jahr von Gott überhaupt nichts wissen. Sie würde keine Bibel lesen, keine „stille“ Zeit „machen“, keine geistlichen Gespräche führen. Gott sollte ein Jahr nicht in ihrem Leben vorkommen. Sie sagte das auch genau so Gott. Es ging nicht darum dem Glauben abzuschwören, aber sehr wohl um Abstand von allem.

        Fazit: Wider Willen war ihr Gott in diesem Jahr näher als je zuvor.

        Vielleicht ist das ja eine neue Strategie? Ich würde das Gefühl von Leere nicht akzeptieren, das bedeutet aber eben nicht Hamsterradk(r)ämpfe, sondern sprich offen mit Gott darüber, dass Dir keine andere Lösung einfällt und wenn er etwas Besseres weiß, Du jederzeit offen dafür bist, dann hast Du die Verantwortung dem zurück gegeben, der sie von Anfang an hatte. „Meine Schafe hören meine Stimme“ – auch durch sein Wort und wenn das nicht so ist, dann ist es Gottes Sache sein Wort wahr zu machen.

        Du schreibst MS zwar, dass Du keinen Krampf daraus machst, aber es belastet Dich doch mehr als Dir wahrscheinlich bewusst ist, sonst wäre es nicht Thema. Vielleicht ist Loslassen auch bei Dir dran?

        Das wurde vielleicht hier nicht so deutlich, aber ich habe über mehrere Jahre keine Bibel gelesen. Ich habe mich mitunter auch mies dabei gefühlt, was stimmt denn nicht mit mir?, aber wenn ich sie aufschlug, dann ging der Schuss jedes Mal nach hinten los. Bis ich es endlich geschnallt hatte. Irgendwann hatte ich dann einen „Deal“ mit Gott. Er wusste ja, dass ich grundsätzlich wollte, also habe ich gebetet, dass ich erst wieder die Bibel lesen werde, wenn sie mich nicht mehr anklagt. Es gibt einen Unterschied zwischen: „sich selbst erkennen, auch das nicht Schöne, wenn Gottes Geist etwas zeigt, überführt – mit dem Ziel dabei zu helfen“ und zerstörerischer Anklage. Es spielt letztlich keine Rolle ob es Anklage oder Leere oder sonst etwas ist, wenn die Bibel nicht lebendig ist und das ist sie nicht, wenn sie Tod in Form von Leere oder Anklage bringt, wenn sie Dir nicht zum Schatz wird, dann ist einfach etwas anderes dran. Vielleicht sogar für länger. Und vielleicht habe ich „nur“ die Erfahrung machen müssen, dass Gott genügt, dass sein Geist in mir ist, er mich führt oder auch nur, dass ich genüge. Dass er meine Leistung nicht braucht oder meine Gefühle kein Gradmesser für seine Liebe sind oder dass ich mehr auf meine Gefühle höre und mit nicht etwas antu‘, was mir nicht gut tut, egal was andere davon halten oder sagen.

        Wenn das Experiment mit der Malbibel nicht funktioniert, dann ist das kein Scheitern, sondern einfach die falsche Tür im Moment, aber vielleicht funktioniert sie ja. Ich kann das jetzt nur so schreiben wie ich es empfinde, aber ich glaube Du bist auf einem guten Weg, unabhängig davon wie es weiter geht. Ich bin zuversichtlich, dass nichts davon umsonst ist, sondern Dich Gott dadurch etwas lehren will, was am Ende ein Segen für Dich ist. 🙂

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      • bithya85 schreibt:

        Starker Kommentar, ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wo ich mit dem Antworten anfangen soll.
        Ja, diese Gedanken, es nicht wert zu sein kommen da sehr oft. Halt manchmal auch begleitet mit der Frage, ob Gott mich verstoßen hat, weil ich zu neugierig, kritisch oder vorsichtig geworden bin. Wenn ich total in dieser Situation bin kann ich das auch nicht unbedingt einordnen, woher der Wind weht, wie du sagst. Dann sind die Gedanken einfach zu präsent. Aber keine Angst, ich hab es nicht als Anklage empfunden, was du schreibst. Bei anderen hätte ich es vielleicht, aber dich kenn ich ja inzwischen ein bisschen 😀
        Das Zeugnis der Pastorenfrau erinnert mich an ein Buch, das ich habe, „Jetzt ist schluss“ von Geri Scazzero. Die hat ne ähnliche Geschichte. Vor ein paar Tagen hab ich es noch mal aus dem Regal gekramt, aber noch nicht wieder gelesen. Aber sei mir nicht böse, bei deinem Tipp habe ich sofort gedacht: „Nein!“ Nicht, weil ich Angst hätte, aber ich kann und will mir einfach nicht vorstellen, ohne ihn zu sein. Nicht mal für begrenzte Zeit. Aber ich glaube auch, dass es einigen Leuten sicher helfen würde, wenn man sich komplett „festgefahren“ hat.
        Übrigens: Heute ist was Seltsames passiert: Ich weiß nicht, warum, aber ich hab mir einfach die Bibel genommen und in Matthäus 23 gelesen, weil ich den Eindruck hatte, Jesus meinte, es würde mir gut tun, zu lesen, dass er viele Dinge, die ich kritisiere, auch stark kritisiert hat. Erst wusste ich nicht, was es bringen sollte, aber dann hab ich es doch gemacht. Ist die Stelle, wo er die Pharisäer so stark angreift. Und erst hab ich gemerkt: Es geht mir hier wie dir, ich denke, der Text wollte mich angreifen, und ich wäre die Heuchlerin, die Pharisäerin, die Natternzucht. Aber dann meinte Jesus, ich solle mich noch mal beruhigen, und noch mal lesen, wer überhaupt die Zuhörer waren. Das waren dann gar nicht die Pharisäer, gegen die der Text ging, sondern einfach die Leute, die eben da waren. Ich hab so gedacht, dann hat Jesus also bei seinen Leuten über die Pharisäer geredet und das warum auch immer so, als ob sie grade da wären. Dann habe ich einfach, ich weiß nicht, ob man das darf, aber ich habs einfach gemacht, die Pronomen ausgetauscht, also anstatt „Ihr Heuchler!“ habe ich „Diese Heuchler!“ gelesen. Das war dann, als wenn Jesus mit einigen Freunden und mir zusammen beim Kaffee trinken sitzen würde und von diesen Leuten erzählen würde, über die er sich so aufgeregt hat. Das hat mal gut getan. Also, heute war mal ein schönes Erlebnis mit der Bibel.
        Danke fürs Beten. Ich glaube, das kann ich echt gebrauchen, wenn jemand für mich betet, der ein bisschen weiß, wie es ist.
        Liebe Grüße und hab nen schönen Tag.

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    • Strandläufer schreibt:

      Du darfst so etwas gerne entweder selbst korrigieren oder auch meine Ergänzungen an den Ursprungstext anhängen, wenn Du magst. Aber vor allem löschen danach, sonst stehen da so viele Kommentare von mir rum. Den hier auch. 😉 Ist für die Lesbarkeit angenehmer, glaube ich. Und wenn Du dabei bist, hinter:
      >> – mit dem Ziel dabei zu helfen“ und zerstörerischer Anklage. <> Es spielt letztlich keine Rolle ob es Anklage oder Leere.. <<

      Sorry! 😦 – ich übe mich in Konzentration, weiß das ist übel!

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  4. Strandläufer schreibt:

    Antwort auf Bithya 25. Jan. 04:07 pm – „Aber keine Angst, ich hab es nicht als Anklage empfunden, was du schreibst. Bei anderen hätte ich es vielleicht, aber dich kenn ich ja inzwischen ein bisschen“

    Da bin ich sehr beruhigt, ich bin einfach noch viel zu direkt und haue oft raus was mir durch den Kopf geht. Manchmal sind da sicher auch Übertragungen dabei, aber definitiv fühle ich mich damit nicht als hätte ich den Durchblick, sondern mir geht es meist gerade ähnlich. Jedenfalls bin ich sehr erleichtert, dass es richtig bei Dir ankommt. Das Potential zum Missverständnis fällt mir meist erst im Nachhinein auf und dann zittere ich und hoffe auf eine gute Reaktion. Danke hierfür. 🙂

    „Aber sei mir nicht böse, bei deinem Tipp habe ich sofort gedacht: „Nein!“ Nicht, weil ich Angst hätte, aber ich kann und will mir einfach nicht vorstellen, ohne ihn zu sein.“
    Weshalb sollte ich da böse sein? Umso besser! Ich freue mich darüber und liege gerne daneben. 😉

    „Wenn ich total in dieser Situation bin kann ich das auch nicht unbedingt einordnen, woher der Wind weht, wie du sagst. Dann sind die Gedanken einfach zu präsent.“
    Das geht mir leider genauso. Also ich schreibe Dir da lieber mal was privat zu. Dieses „Phänomen“ scheint ja wohl weit verbreitet bei den Menschen.

    Dein Erlebnis mit Matth. 23 und den Pharisäern kann ich sehr, sehr gut nachvollziehen. Zum Glauben gekommen bin ich u. a., weil Jesus Tacheles gesprochen hat mit Selbstgerechten, Hartherzigen, Scheinheiligen und die Verachteten umarmte. Das hat mir aus dem Herzen gesprochen. Ich werde sehr hellhörig, wenn gepredigt wird, dass man vorsichtig sein soll wen man Parisäer nennt, weil in jedem von uns ein Pharisäer steckt. Hier wird eine Halbwahrheit missbraucht um Wahrheiten zu unterdrücken. Das soll auch keine Anklage sein, so was ist mir selbst schon unbewusst über die Lippen gekommen. Aber davon lasse ich mich nicht mehr beeindrucken – hoffentlich! Jesus war knallhart zu den einen und sanft zu anderen. Sünder sind nicht das Problem, sondern Unbarmherzigkeit, Ungerechtigkeit, Eigendünkel. Mit Kritikern, Zweiflern und Fragenden war er sehr geduldig, aufrichtig Suchenden ist er begegnet und hat sich Zeit genommen, aber Hintergedanken von Gesetzesfrommen hat er durchschaut.
    Tja, und dann plötzlich Gegenangriff. Wie hat sich Jesus wohl gefühlt, als man ihn angeklagt hat, ich kann mich noch vage an eine Situation erinnern, als mir das eingefallen ist, dachte ich in dem Moment – bei mir gibt es sicher Anteile von Selbstgerechtigkeit, da kann ich dann noch schauen wo es berechtigt ist, aber wenn man eines Verbrechen beschuldigt wird, das man nicht begangen hat. Fiel mir gerade so ein.

    Ich schreibe schon wieder zuviel, aber enden will ich damit, dass Gott und Jesus Dich lieben, so sehr, dass ich keine Worte dafür finde und Du bist – wie Du bist – geliebt. Da gibt es nichts in Deiner Persönlichkeit das Gott ändern möchte, auch wenn das unglaublich für Dich klingt. Nur was es Dir schwer macht, da will er es uns leichter machen. Darin sind wir unterwegs.

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